Unterrichtskonzeption Karl-Popper-Schule

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Im Mittelpunkt der KPS steht eine in Deutschland neue Form der individuellen Förderung, die es möglich macht, die Entwicklung der einzelnen Schülerinnen und Schüler (SuS) von dem Lernfortschritt einer Klasse zu lösen. Sie bietet Möglichkeiten für individuelle Beschleunigung, aber auch für Verlangsamung, wenn besondere Bedürfnisse dies nahelegen — wie etwa nach früher Einschulung und mehrfachem Springen, nach längerer Krankheit oder Umzug aus einem anderen Bundesland.

Die KPS will sicherstellen, dass ihre SuS Eigeninitiative und persönliches Engagement für ihre Lernarbeit  entwickeln und die Kooperation mit den Anderen für sie zur Chance und Erweiterung wird.

Überblick

  • Der Unterricht findet von 9.00 bis 16.30 Uhr statt. Verlässliche Betreuung bis 16.30 Uhr.
  • Die Schülerinnen und Schüler (SuS) arbeiten in Zweijahresgruppen mit flexibler Verweildauer zwischen einem und drei Jahren (Stufen).

Der Unterricht ist in drei Grundformen organisiert. Die Unterrichtsgegenstände gelten jeweils für die gesamte Stufe, werden aber nach zusammenfassender Einführung in innerer Differenzierung weitergeführt.

Die Differenzierung erfolgt auf der Basis des „Parallelcurriculums“ von Joseph Renzulli u.a., entworfen aus der Erfahrung der Hochbegabtenpädagogik, von ihm aber vorgeschlagen zur Förderung von SuS mit verschiedenen Begabungen und Bedürfnissen. Die Renzulli-Parallelen umfassen neben der Wissensbasis eines Themas dessen Vernetzung mit weiterem Wissen, die wissenschaftlichen Methoden der Erarbeitung und Anwendung sowie die Aspekte, die das Thema mit der Person der SuS in Beziehung setzen: Interesse, Nähe zu eigenen Zukunftsplänen, persönlicher Begabung oder Orientierung der sozialen Umgebung. Für alle diese Weiterungen des Themas ist die Variation des je zu wählenden Anspruchsniveaus ein weiterer Ausgangspunkt der Differenzierung.

Die erste Grundform des Unterrichts ist die Wissensbasis. Ort: Stufenraum. Mehrere LuL, eine Stufe bzw. Differenzierungsgruppen nach Plan.

Hier werden die in den Lehrplänen geforderten Inhalte knapp und strukturiert geboten (exemplarische Reduktion). Für die Darbietung gelten Regeln. Sie beziehen sich für LuL vor allem auf die explizite Vernetzung des gebotenen Inhalts mit Vorangegangenem und Folgendem sowie auf die klare Erläuterung der erwarteten Lernleistung. Die Anforderungen für SuS beziehen sich auf aktives Zuhören und eine Mitschrift, die während der Erstdarbietung vorbereitet werden soll. Die Grundform der Wissensbasis ist vollständig auf Rezeption eingestellt. Sie nimmt maximal 30 Minuten in Anspruch und tritt im Stundenplan nicht mehr als drei mal täglich auf.

Aufgrund des hohen Anspruchs bei der exemplarischen Auswahl und Darbietung der Inhalte wird für diese Grundform angestrebt, dass die LuL in den ersten Jahren ein schuleigenes Materialdepot entwickeln, das in den weiteren Jahren nach Bedarf genutzt und fortgeschrieben werden kann.

Die zweite Grundform des Unterrichts ist das individuelle Arbeiten. Ort: Lerninseln im Großraum bzw. getrennte Räume für Stufe 1

Im individuellen Arbeiten wird das in der Wissensbasis Gebotene variiert (s.o. Renzulli-Parallelen). Diese Grundform dient der Individualisierung des Tempos, des Umfangs, der Richtung und des Anspruchsniveaus der fachlichen Arbeit. Sie wird bestimmt von der Kooperation zwischen dem „Kompetenzzentrum“ (s. Grafik) und den Lehr- und Förderkräften.

Diese Kooperation ist das Herzstück der individuellen Förderung. Im Kompetenzzentrum laufen die Informationen über die SuS zusammen (Aufnahmediagnostik, fortge­schriebene Beobachtungen der Lehrkräfte, Arbeitsergebnisse), die eine Bestimmung des „mittleren Anspruchs­niveaus“ der SuS ermöglichen („subjektiv schwer, aber bei Anstrengung lösbar“). Die konsequente Herausforderung jeder Schülerin und jedes Schülers auf diesem indivi­duellen Niveau ist eine wesentliche Voraussetzung für die angestrebte hohe Leistungsmotivation in der KPS.

Die Anliegen im individuellen Unterricht sind die persönliche Lernplanung und die Beratung der SuS durch die Lehr- und Förderkräfte der Schule. Inhaltlich geht es um die Absicherung der Wissensbasis und deren Erweiterung.  Eine besondere Bedeutung hat dabei die eigenständige Entwicklung von „Fragen“.

Fragen zu stellen ist das didaktische Anliegen des individuellen Unterrichts mit Blick auf das anschließende forschende Arbeiten. Die Methodik für diese Aufgabe ist in den Publikationen zum Critical Thinking vielfältig dargestellt, für die Karl-Popper-Schule vorbildlich von Charles R. Pearce veranschaulicht (sein Erfahrungsbericht). Wichtig ist die Unterscheidung von Fragen, die durch Literatur-Recherche bearbeitet werden können, und anderen Fragen, die Experiment, Beobachtung, Analyse, Interpretation oder argumentativ begründete Entscheidung erfordern. Die erste Art gehört in das individuelle Arbeiten, die anderen Fragen führen hinein in die dritte Grundform des Unterrichts, das forschende Arbeiten.

Die dritte Grundform ist das forschende Arbeiten. Ort: Großraum, bei praktischer Notwendigkeit auch Nebenräume, SuS nach Fragestellungen gruppiert.

Das forschende Arbeiten ist in Form von Gruppenarbeit, überwiegend Kleingruppenarbeit, organisiert. Die SuS kommen aus der gleichen Stammgruppe, Ausnahmen im Sinn eines stufenübergreifenden Arbeitens sind aber im forschenden Arbeiten möglich. In der Regel liegen die Fragen im Bereich der in der Wissensbasis gebotenen Inhalte, die im individuellen Arbeiten aufgenommen und erweitert worden sind. In einem von LuL geleiteten Lernprozess wird ab der Jgst. 5 nicht nur die Fähigkeit des Fragens entwickelt, sondern auch die methodische Kompetenz zur Erarbeitung von Antworten und ihrer Prüfung.

Die Fragen erfordern verschiedene Methoden der Bearbeitung: in den Geisteswissenschaften z.B. Text- und Quellenanalyse, vergleichende Interpretation, argumentative Auseinandersetzung (Debating), in den Sozialwissenschaften z.B.  Beobachtungen, Interviews, statistische Analyse, Modell- und Theorieanwendungen; in den Naturwissenschaften z.B. Messungen und Experimente.

Die Organisation des forschenden Arbeitens basiert auf den Schülerfragen und den von den SuS beigefügten Angaben, wie sie an die Beantwortung herangehen wollen. Entsprechend diesen Vorgaben (nicht aufgrund der Beratung und Zielsetzung der LuL) werden die benötigten Materialien bereit gehalten.

Die Ergebnisse des forschenden Arbeitens werden grundsätzlich von den SuS selbst in übersichtlichen  Berichtsformularen dokumentiert und für weitere Schüler der nachfolgenden Jahrgänge archiviert – denen dann auch die Aufgabe zufällt zu entscheiden, wie „richtig und falsch“ die Ergebnisse ihrer Vorgänger sind und gegebenenfalls Neufassungen zu erarbeiten. Die Materialien des Schülerarchivs bedürfen des Kritischen Denkens der SuS, die sie nutzen wollen.

Group Of Children With Teacher Enjoying Drama Class Together

Neben diesen drei Grundformen des Unterrichts stehen die „expressiven“ Fächer Kunst, Musik, Darstellendes Spiel und Sport, die andere Rahmenbedingungen erfordern.