Kritisches Denken – Bildungspolitische Einordnung und praktische Beispiele

Kritisches Denken – Bildungspolitische Einordnung und praktische Beispiele

Anne Eckerle           Vortrag in der U3L Frankfurt 2011, überarbeitet  Dezember 2017

Kritisches Denken zielt auf die Umgestaltung des Denkhandelns, inhaltliches Lernen auf die Veränderung des Wissensvorrats.

Wenn Denken das Handeln des Wissens ist – wie der amerikanische Psychologe Ulrich Neisser es gefasst hat – dann kann mit dem Begriffspaar Struktur und Prozess dem Wissen die Struktur, dem Denken der Prozess zugewiesen werden. Damit ergibt sich die Frage nach der Beziehung zwischen beidem: Ist die Struktur das Ergebnis des Prozesses? Das Wissen also Ergebnis des Denkens? Oder fordert die Beschaffenheit des Wissens eine bestimmte Weise des Denkens? Und wie spezifisch wäre dann die jeweilige Form des Denkens an das Wissensstück gebunden?

Wenn Bildung eine materiale und eine formale (formative) Seite hat – wie die Arbeitsschulbewegung  um Hugo Gaudig das unterschieden hat  – dann kann der materialen die Struktur/das Wissen, der formativen der Prozess/das Denken zugewiesen werden. Als Bestandteile von Bildung ist dieses Begriffspaar aber auf die subjektive Seite des Gebildeten zu beziehen, während Neissers Begriffspaar die Betrachtung des Psychologen von außen zulässt. Das Materiale wäre dann das Wissen –   in der persönlichen Vernetzung, versehen mit den subjektiven Einstellungen, wie sie sich aus den biografischen Umständen des Wissenserwerbs ergeben; das Formale die Kompetenz zum Umgang damit, gewachsen entweder  in den persönlichen Begegnungen mit den Phänomenen, auf die sich das Wissen bezieht, oder übernommen als prozessbezogener Teil des Wissens, wenn es Teil des Unterrichts war. Auf dem Weg zum Handeln wird diese Kompetenz dann ausgerichtet  von den Einstellungen und Selbstwirksamkeitvorstellungen des Gebildeten. Wie steht die materiale Seite in Beziehung zu dem unterrichteten Wissen?  In welchem Verhältnis steht sie zur formalen Kompetenz? Ist die Kompetenz zum Denkhandeln mit dem Wissen an bestimmte Wissensstücke gebunden oder frei transferierbar?

Ich lasse es bei diesen Theorieframes. Jeder davon ruft einen großen Teil der wissenschaftlichen Didaktik auf den Plan. Die aktuelle Kompetenzdebatte klärt diese Fragen nicht oder nicht widerspruchsfrei. In solchen Situationen ist es richtig, klare Ausgangsgrundlagen zu benennen, unter Verzicht auf zwingende Ableitungen, sondern auf der Basis von Setzungen.

Ein Vortrag über das Kritische Denken setzt den Bezugsrahmen der angelsächsischen und speziell der us-amerikanischen Wissenschaftsphilosophie und Erziehungswissenschaft an. Und er setzt eine Vorstellung darüber an, dass die Verlässlichkeit der Erziehungswissenschaft an ihren Wirkungen in der Realität belegt werden muss.

Die Frage, in welchem Verhältnis Wissen und Denken stehen, ist dann im Sinne Deweys klar zu beantworten.

Bei wissenschaftlichem Wissen “ geht es … um Inhalte, die aus methodischer Arbeit hervorgegangen sind – sie sind ausgewählt und ange­ordnet un­ter Berücksichtigung von normativen intellektuellen Kriterien. Daher ist Methode im Inhalt selbst – Methode auf der höchsten Stufe, die menschliches Denken bis jetzt er­reicht hat: wissen­schaftliche Methode. …  –  Es kann nicht genug betont werden, dass die wissenschaftliche Methode die Methode menschlichen Geistes selbst ist. Die Zuordnungen, Interpreta­tionen und Ver­allgemeine­rungen liegen nicht äußerlich in den Fakten, die vom Denken zu unter­scheiden wären. Sie geben Einstellungen und Arbeitsergebnisse unseres Denkens wieder, die bei dessen Versuch entstanden sind, das Rohmate­rial der Erfahrung zu einem Punkt zu entwickeln, an dem es den Be­dürfnissen akti­ven Denkens entspricht und diese anregt. … (S. 263) –   Es  ist die Auf­gabe der Schulen wie auch der Lehrerbil­dung, wissenschaftli­ches Wissen … in den Fächern … so an­zubieten, dass der Schü­ler sieht und spürt, dass diese Unterrichtsgegenstände signifi­kante Verkörperungen geistigen Tuns sind. Er sollte an­geleitet werden zu entdecken, dass sie nicht Ergebnisse sozu­sagen technischer Methoden sind, die zum Nutzen spezieller Wissensbereiche … entwickelt wurden, sondern dass sie grund­legende Einstellungen und Handlungs­weisen un­seres Den­kens repräsentieren – dass in Wirklichkeit bestimmte wissen­schaftliche Methoden und Zuordnungen in ihrer konkretesten Form ein­fach darstellen und erhellen, was schlichte und allge­mein verfügbare Formen der gedanklichen Aktivität vermögen, wenn die Bedingungen günstig sind. … (S. 264) –  … es ist Aufgabe zu­künftiger Lehrerausbild­ner, die In­halte des Lehrens zu deren allgemeinen psychischen Grundla­gen zurückzubringen … ( S. 265)( (The middle works: Theory into Practice, übers. v.Eckerle)

Wissenschaftliches Wissen ist hier das Ergebnis des Denkens, das sich nach wissenschaftlichen Kriterien richtet (Methode). Daher kann die Methode im Inhalt auch wieder freigelegt werden. Die Methode macht den wissenschaftlichen Gegenstand.

Das Denken, das sich wissenschaftlich ausrichtet, ist das allgemeine Denken des menschlichen Geistes bei der Anstrengung, die Realität verlässlich zu erfassen. Die Methode ist das allgemein verfügbare Denken der Menschen, dass sich ausgerüstet hat mit Kriterien für die Verlässlichkeit seiner Ergebnisse.

Kritisches Denken ist insofern die Entwicklung des spontanen Denkens mit Hilfe des wissenschaftlichen Denkens. Einen Gegensatz zwischen wissenschaftlichem und spontanem Denken mag es in der Lebenswelt geben  –  das bleibt unberührt; im Kritischen Denken aber macht das spontane Denken die Anstrengung, sich selbst unter Kontrolle zu bringen und in Selbstreflexion auszuformen.

Was die subjektive Färbung des Wissens und die biografische Ausformung des Denkens in der Perspektive des Begriffspaares formal/material angeht, kann das kritische Denken als Leitplanke des Denkens aufgefasst werden, die Kriterien der Verlässlichkeit begleitend im Bewusstsein zu halten und ihnen die Führungsrolle zu überlassen.

Differenzen im Basisverständnis

Zwei Beispiele aus der PISA-Umgebung zeigen den Bruch zwischen den angelsächsischen und deutschen Vorstellungen bei der Bestimmung des Verhältnisses von Wissen und Denken.

Die PISA Arbeitsstelle der OECD  (The PISA 2003 Assessment Framework) führt aus, dass es bei den Untersuchungen nicht darum gehe, Wissen in ganzer Breite zu erheben, sondern nennt Kriterien für die Auswahl von Wissen. Dem ausgewählten stellt sie Denkhandlungen (mental actions) gegenüber, die zum Verstehen, Beschaffen, Interpretieren von Daten erforderlich sind. Die Denkhandlungen konkretisieren sich zwar immer an Inhalten, es besteht aber kein Zuordnungsverhältnis. Sie werden zu wissenschaftlichen (Denkhandlungen), wenn die Inhalte wissenschaftliche sind und die Ergebnisse zu weiterem wissenschaftlichem Verstehen führen (S. 136 f). Die Denkhandlungen heben also im Sinne von Dewey den methodischen Ausgangspunkt des Wissens hervor, nicht einen inhaltlichen.

Mathematische Grundbildung, Naturwissenschaftliche Grundbildung …

Für das deutsche PISA-Konsortium gilt dagegen ein anderes Verständnis, nach dem Kompetenz (literacy – die Möglichkeit, erlerntes Wissen in Anwendungsfeldern einzusetzen) auf bereichsspezifischem Wissen beruht (S. 33). – Die Konzeption der Untersuchung orientiert sich an zwei Wissensbereichen, dem Konzeptwissen(„Wissen, dass“) und dem Prozesswissen („Wissen, wie“), dessen Weg vom Wissen zur Kompetenz nicht erörtert, sondern kraft erfolgter Information vorausgesetzt wird (S. 35) (Prenzel, M. u.a., 2008). 

Kompetenzorientierung und Kerncurriculum

Kompetenz

Im Kompetenzbegriff sollen nach den Entwürfen der KMK Wissen und Denkhandeln zusammenfließen zu Können in Anwendungssituationen, die vorzugsweise nicht in einem Fach, sondern in alltagspraktischen Feldern liegen.

„Unter Kompetenzen werden erlernbare, auf Wissen begründete Fähigkeiten und Fertigkeiten verstanden, die eine erfolgreiche Bewältigung bestimmter Anforderungssituationen ermöglichen. Hinzu kommen die dafür erforderliche motivationale Bereitschaft, Einstellungsdispositionen und soziale Fähigkeiten. Diese Anforderungssituationen beziehen sich beispielsweise auf alltagspraktische Aufgaben, aber auch auf die kulturelle Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler.“

KMK, IQ, Mai 2010. Weitere Empfehlungen

Besondere Perlen

Die Schüler erhalten die Aufgabe, von einer Kordel 20 cm abzuschneiden, vier Perlen darauf zu ziehen und die Kordel zu verknoten. Aufgabe: Beobachtet die Perlen. Wenn sich nichts ergibt, kann normaler Unterricht weiterlaufen.

Bei Pearce war es so: Eine ruft plötzlich: Wenn man die Perlen schüttelt, dann verändern sie ihre Farbe. In der Tat waren seine Perlen rot, rosa und gelb, statt wie anfangs weiß. Ein Anderer versuchte es ebenfalls, mit der gleichen Wirkung. Bald klickten in der ganzen Gruppe die Perlen. Es gab aber Schüler, bei denen die Wirkung nicht eintrat. Sie saßen auf der dem ersten Schüler gegenüberliegenden Seite.

Den enttäuschten Schülern wurde versichert, dass ihre Perlen die gleichen seien, sie sollten Geduld haben. Am Nachmittag wurde die tatsächliche Ursache entdeckt: Als die Schüler sich außerhalb der Räume aufhielten, entdeckten sie, dass nicht das Schütteln zu dem erhofften Effekt führte, sondern das Licht. In der geschlossenen Hand waren die Perlen weiß, in der offenen verfärbten sie sich. Es handelte sich um UV-sensitive Perlen, die im Klassenraum auf der Sonnenseite bereits reagiert hatten, auf der schattigen Seite aber noch unverändert blieben.

Die Schüler lernten, dass die Zuordnung einer Wirkung zu Ursachen unsicher sein kann und immer überprüft werden muss. Danach gab es Untersuchungen für mehrere Wochen. Die Perlen wurden im Schwimmbad unter Wasser gehalten, um festzustellen, wie tief die UV-Strahlen drangen; das Sonnenlicht wurde gefiltert, um herauszufinden, wie die UV-Strahlen unwirksam gemacht werden könnten; Sonnencreme wurde aufgetragen, um die Wirksamkeit zu testen.

Weitere Vorschläge    

Bootbauen

Materialien: kleine Steinchen (Katzenstreu), ton, Aluminiumfolie, Strohhalme, Holzspachtel, Gummibänder, Schwämme in kleinen Streifen; außerdem Gegenständ, die als Fracht genutzt werden können: Münzen, Murmeln uw.

Als erste Aufgabe erhalten die Schüler:

  • Baue ein Boot (aus Ton, Aluminiumfolie und anderen Materialien).
  • Wähle eine Last aus.
  • Denke darüber nach, wie und wo du die Last auf das Boot lädst. Mache eine Probefahrt.
  • Gegebenenfalls: Verbessere dein Boot mit dem Ziel, dass es mehr Fracht bewältigen kann.

Wenn du so weit bist, dann kannst du größere Herausforderungen annehmen.

  • Baue ein Boot, für das du nur folgende Materialien verwendest: bis zu 6 Strohhalme, 6 Spachtel, 6 Gummibänder
  • Probiere, wie viel Last das Boot bewältigen kann. Wiege die Last.
  • Wenn du das schaffst, darfst du deinen Namen in das Verzeichnis „Hall of Fame“ eintragen; schreibe dazu, wie viel Fracht du untergebracht hast (Blatt 5).

Kugelrampen

Materialien: längs halbierte Papprollen von Toilettenpapier, Küchen- und Geschenkpapierrollen, dazu Tucker, Klebeband. Stoppuhr

Die Rampen sollen so konstruiert werden, dass die Kugeln (Pingpong-Bälle, Murmeln …) möglichst lange brauchen

Strukturen

Materialien: Zahnstocher und eingeweichte Bohnen (die beim Trocknen viel Stabilität geben)

Die Schüler bauen Häuser, Brücken, Türme. Die Herausforderung besteht darin, Unterstützung für Gewichte von 1 bis 3 Pfund zu erreichen.

Nach den ersten Übungen können die Schüler ihre selbständige Untersuchungshaltung vertiefen, indem sie in Entdeckungsboxen arbeiten, allen oder in sehr kleinen Gruppen. Entdeckungsboxen enthalten Materialien zu einem bestimmten Thema, Bücher (gegebenenfalls auch ein Ordner mit den Berichten von früheren Nutzern der Box), einen Berichtsbogen – keine Arbeitsanweisung. Einige Tage vor Nutzung der Boxen wählen sich die Schüler einen Bereich – z.B. Mehlwürmer. Sie sind ein ideales Untersuchungsobjekt: widerstandsfähig, harmlos, zeigen vier Entwicklungsstufen (Ei, Larve, Puppe, Wurm). Sie sind billig und leicht zu bekommen. Die können in einem Behälter mit trockenem Holzmehl gehalten werden (hin und wieder Apfelschnitze für den Feuchtigkeitsbedarf geben). Gut gehalten vermehren sich Mehlwürmer während eines Schuljahres über mehrere Generationen.

Fragebeispiele zum Einstieg

  • Bevorzugen Mehlwürmer Licht oder Dunkelheit?
  • Welche Nahrung nehmen sie zu sich?
  • Wie lange dauern die Entwicklungsstufen von Mehlwürmern?
  • Kann man Mehlwürmern etwa beibringen?
  • Was tun Mehlwürmer, wenn sie auf ein Hindernis treffen?

Wenn die ungeleitete Zeit in den Entdeckungsboxen zu Ende geht, muss aufgeräumt werden. Hierfür ist ein Plan für das  Boxenmanagement wichtig. Die Schüler müssen erwarten, dass jede Box angesehen wird. Eine kleine Gruppe von Schüler erhält diesen Auftrag, sie hat die Aufgabe, Schüler gegebenenfalls in ihre Box zurück zu rufen. Auch die Notiz, welche Materialien nachgefüllt werden müssen, gehört dazu. 

Nach dem Aufräumen folgt die Nachbereitung. Die Kinder sitzen fast immer auf den „falschen“ Plätzen, weil sie mit den anderen aus ihrer Gruppe zusammen bleiben. Sie haben die Boxenunterlagen, eventuell Notizen und die Produkte aus ihrer Arbeit vor sich. Jede Gruppe berichtet kurz, was getan und erreicht wurde. Das hat den Vorteil, dass die Schüler abstrahieren und verbalisieren müssen, Herausforderungen, die zu Weiterverarbeitung und Gedächtnissicherung beitragen; der Vergleich mit der eigenen oder einer sonstwie bekannten Arbeit kann zu Anregungen und Wortwechseln unter Experten führen.

Nach der Vorstellung ihrer Ergebnisse folgt der Eintrag in die Berichtshefte. Dazu kann Formblatt 6 benutzt werden. Für die Schüler ist der Eintrag die Dokumentation ihrer Erfolge, die im Archiv für weitere Schüler mit ähnlicher Frage auffindbar bleibt. Für den Lehrer ergeben sich Möglichkeiten, das Denkverhalten der Schüler zu analysieren, um weitere Aufgaben noch flexibler anzupassen.

Wichtig ist die Qualität der Fragen. Führen sie zu bedeutsamen Untersuchungen? In der frühen Phase der Arbeit kann es passieren, dass die Fragen zu dünn sind und mit einfachem „Ja“ oder „Nein“ zu beantworten sind. Durch Unterstützung bei der Fragenformulierung, durch direkte Anweisung oder durch Beispiele von anderen Schülern kann die Frageweise der betreffenden Schüler zu mehr Komplexität entwickelt werden. Aber nicht nur die Fragen geben Auskunft über ihre Qualität, sondern auch die Untersuchungsergebnisse. Zu erkennen, wohin eine Frage den Schüler führt, ist der wesentliche Test der Fragenqualität.

Mehr Freiheit für Untersuchungsfragen

Erfahrung in den Entdeckungsboxen bereiten die Phase vor, in der die Schüler selbst Fragen entwerfen und voraussehen, welche Materialien sie für ihre Untersuchungen benötigen werden (Blatt 7). Nun geht es auch in das Umfeld der Schule, die Schüler können selbständig arbeiten und werden nach Vereinbarung vom Unterricht für eine vereinbarte Gesamtzeit freigestellt. Dazu wird ein Vertrag geschlossen, den neben dem Schüler auch der Lehrer und die Eltern unterzeichnen (Blatt 8). Die Krönung der Arbeit bestehen in Berichten über wissenschaftliche Antworten/Entdeckungen (Blatt 9).

Alle Texte werden in einem Archiv verwaltet, so dass über eine große Menge von interessierenden Fragen Berichte zusammen kommen, die nachfolgende Schüler nutzen können. Dabei ist die Strukturierung als Formblatt nicht nur eine Hilfe für die Schüler, die noch nicht von allein ein zu einer systematischen Textentwicklung finden würden; die Strukturierung hilft auch zur systematischen Informationsentnahme; Nutzer des Archivs können nach den interessierenden Punkten suchen.

Ein Beispiel für Untersuchungen außerhalb der Schule: Die Suche nach einem natürlichen Antibiotikum (Blatt 11).

Pearce macht zu seinem Unterricht zwei wichtige Anmerkungen:

  1. 63 „Wissenschaftliches Arbeiten umfasst weit mehr als lediglich Materialien und Bücher zu bieten. Es erfordert Vorbereitung. Die Kinder, obwohl von Natur aus Wissenschaftler, müssen den Prozess der Wissenschaft verstehen. Es ist verpflichtend, dass sie Wissenschaft als einen systematischen und logischen Weg zu Wissenserweiterung und Begreifen sehen. Sie müssen fähig sein, Verbindungen herzustellen, Muster zu bemerken und solche Fragen zu stellen, die zu bedeutsamen Untersuchungen und Entdeckungen führen. Wissenschaftliches Arbeiten ist nicht Teil des fachlichen Curriculums.“
  2. 131 „Nach den “National Science Education Standards” des “National Research Council” soll bei der Leistungserbringung der Schüler weniger Aufmerksamkeit auf das einzelne wissenschaftliche Wissen und damit auf das, was Schüler nicht wissen, gerichtet werden; die Standards empfehlen, erhöhte Aufmerksamkeit auf das, was wirklich zählt, das wissenschaftliche Denken und Verstehen, zu richten. Diese Kompetenz bestimmt letztlich, was die Schüler verstehen. Nachdruck sollte darauf gelegt werden, dass die Schüler in fortgesetzte Prüfung ihrer eigenen Arbeit und der Anderer eingebunden werden.“

Sehen wir uns jetzt die Enrichment-Stufen von Renzulli  – einem der bekanntesten und weithin geschätzten amerikanischen Modell der Hochbegabtenförderung  –  an, dann sehen wir, dass Pearce mit seinem Forschungsunterricht die Stufe 1sehr gut ausfüllt und den Übergang zu Stufe 2 auf erlebnishafter Ebene vorbereitet. Diese Stufe 2 ist das Kritische Denken als Lerngegenstand.                                                                                                                                                                            

Typ I – Erfahrungen für die einzelnen Schülerinnen und Schüler in Gebieten, die üblicherweise nicht im Curriculum enthalten sind. Lebensweltliche Situationen, in denen Kinder mit Bereichen zusammengebracht werden, die sie verstehen, untersuchen und bei denen sie mitmachen können. Häufig wird Projektunterricht so organisiert, dass er ganz auf dieser erlebnishaften Ebene bleibt. Wichtig ist, dass hier keine formelle Instruktion stattfindet. Das Ziel ist die Begegnung mit Konkretem und Interessebildung.

Typ II – Übungen, die die Entwicklung der Denkfähigkeit und der Gefühle unterstützen. Hier stehen nicht die Inhalte im Vordergrund, sondern sie werden zu austauschbaren Anlässen des kognitiven Arbeitens, bei dem bestimmte kognitive Handlungen benannt und eingeübt werden, so dass sie willentlich, kontrolliert und zielgerichtet eingesetzt werden können.

Type III – Individuelles oder in Kleinstgruppen durchgeführtes Forschen, bei dem Schülerinnen und Schüler methodisch professionell handeln können. Typ III fordert überdurchschnittliche Fähigkeiten, Aufgabenzuwendung und Kreativität. Forschendes Lernen oder Facharbeiten gehen in Deutschland in diese Richtung, entbehren aber der in Typ II angelegten spezifischen Vorbereitung.

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