Inklusion – ein Thema für hochbegabte Problemkinder

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Wir erleben in unserem Institut täglich, dass hochbegabte Kinder und Jugendliche nicht etwa gute Schulleistungen erreichen, sondern dass sie mit sich und ihre Umgebung mit ihnen große Probleme haben. Die Leistungen können sehr schlecht sein, das Kind kann sich oppositionell, aggressiv oder resignativ verhalten, die Familie kann ernste Belastungen erleben. Diese sogenannten Underachiever werden von der Schulbehörde als sonderschulbedürftig und vom Jugendamt als von seelischer Behinderung bedroht eingestuft. Nach Aktenlage also schwere Fälle.
2006 haben die Vereinten Nationen ein Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen getroffen, dass Ende 2008 von der Bundesrepublik Deutschland als nationales Gesetz übernommen und veröffentlicht wurde. Danach dürfen – pauschal zusammengefasst – behinderte Kinder nicht vom Regelunterricht der öffentlichen Schulen ausgeschlossen werden. Hochbegabte Problemkinder mit diesen Einstufungen fallen unter diese Behindertenkonvention.
In Hessen und den anderen Bundesländern wird dieses Gesetz vorsichtig und zögernd umgesetzt, denn die Konsequenz ist, dass Lehrerinnen und Lehrer in Grundschulen und Gymnasien in ihren Klassen Problemkinder mit erheblichem Störungspotential integrieren sollen, ohne darauf vorbereitet zu sein. Sie erhalten Hilfe von Sonderschullehrern, die aber ihrerseits mit den besonderen Verhaltensproblemen von Hochbegabten wenig Erfahrung haben.
Das Institut für Leistungsentwicklung bietet Fortbildungen für die betroffenen Lehrerinnen und Lehrer an und kann an einigen Schulen modellhaft die inklusive Beschulung begleiten.
Lest aus dem Gesetz über Inklusion unter dem Label “Behindertenkonvention” nach.

Auszüge aus dem Gesetz zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen sowie zu dem Fakultativprotokoll vom 13. Dezember 2006 zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom 21. Dezember 2008.  Bundesgesetzblatt Jahrgang 2008 Teil II Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 31. Dezember 2008, S. 1419

 Artikel 4

Allgemeine Verpflichtungen

(1) Die Vertragsstaaten verpflichten sich, die volle Verwirklichung aller Menschenrechte und Grundfreiheiten für alle Menschen mit Behinderungen ohne jede Diskriminierung aufgrund von Behinderung zu gewährleisten und zu fördern. Zu diesem Zweck verpflichten sich die Vertragsstaaten, …

i) die Schulung von Fachkräften und anderem mit Menschen mit Behinderungen arbeitendem Personal auf dem Gebiet der in diesem Übereinkommen anerkannten Rechte zu fördern, damit die aufgrund dieser Rechte garantierten Hilfen und Dienste besser geleistet werden können.

Artikel 24

Bildung

(1) Die Vertragsstaaten anerkennen das Recht von Menschen mit Behinderungen auf Bildung. Um dieses Recht ohne Diskriminierung und auf der Grundlage der Chancengleichheit zu verwirklichen, gewährleisten die Vertragsstaaten ein integratives Bildungssystem auf allen Ebenen und lebenslanges Lernen mit dem Ziel,

a) die menschlichen Möglichkeiten sowie das Bewusstsein der Würde und das Selbstwertgefühl des Menschen voll zur Entfaltung zu bringen und die Achtung vor den Menschenrechten, den Grundfreiheiten und der menschlichen Vielfalt zu stärken;

b) Menschen mit Behinderungen ihre Persönlichkeit, ihre Begabungen und ihre Kreativität sowie ihre geistigen und körperlichen Fähigkeiten voll zur Entfaltung bringen zu lassen;

c) Menschen mit Behinderungen zur wirklichen Teilhabe an einer freien Gesellschaft zu befähigen.

(2) Bei der Verwirklichung dieses Rechts stellen die Vertragsstaaten sicher, dass

a) Menschen mit Behinderungen nicht aufgrund von Behinderung vom allgemeinen Bildungssystem ausgeschlossen werden und dass Kinder mit Behinderungen nicht aufgrund von Behinderung vom unentgeltlichen und obligatorischen Grundschulunterricht oder vom Besuch weiterführender Schulen ausgeschlossen werden;

b) Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen in der Gemeinschaft, in der sie leben, Zugang zu einem integrativen, hochwertigen und unentgeltlichen Unterricht an Grundschulen und weiterführenden Schulen haben;

c) angemessene Vorkehrungen für die Bedürfnisse des Einzelnen getroffen werden;

d) Menschen mit Behinderungen innerhalb des allgemeinen Bildungssystems die notwendige Unterstützung geleistet wird, um ihre erfolgreiche Bildung zu erleichtern;

e) in Übereinstimmung mit dem Ziel der vollständigen Integration wirksame individuell angepasste Unterstützungsmaßnahmen in einem Umfeld, das die bestmögliche schulische und soziale Entwicklung gestattet, angeboten werden.

(3) Die Vertragsstaaten ermöglichen Menschen mit Behinderungen, lebenspraktische Fertigkeiten und soziale Kompetenzen zu erwerben, um ihre volle und leichberechtigte Teilhabe an der Bildung und als Mitglieder der Gemeinschaft zu erleichtern. Zu diesem Zweck ergreifen die Vertragsstaaten geeignete Maßnahmen; unter anderem

5) Die Vertragsstaaten stellen sicher, dass Menschen mit Behinderungen ohne Diskriminierung und gleichberechtigt mit anderen Zugang zu allgemeiner Hochschulbildung, Berufsausbildung, Erwachsenenbildung und lebenslangem Lernen haben. Zu diesem Zweck stellen die Vertragsstaaten sicher, dass für Menschen mit Behinderungen angemessene Vorkehrungen getroffen werden.

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2 Kommentare… Share your views

  1. Ich finde eine neue Schulform nach dem Prinzip der Scheteninschule ist dafür die beste Lösung und nicht nur für “Hochbegabte”, denn es sind alle Kinder hochbegabt.
    Liebe Grüße Ulf Heimbach

    • Ein interessantes Konzept. Ob sich die Hoffnungen auf die Hilfe des Unbewussten beim Lernen bewähren werden? Mit der österreichischen Schule haben wir einen Beispielfall, mit dem Erfahrungen entstehen. – Die Lehrer-Rolle der Kinder basiert auf den je unterschiedlichen Niveaus des fachlichen Verstehens und auf gelingenden persönlichen Beziehungen der Kinder. Das ist ein grundsätzlich anderer Weg als der des Lernens durch Lehren, bei dem neben den lernenden vor allem die lehrenden Kinder profitieren. Wir gehen mit unserer geplanten Karl-Popper-Schule diesen zweiten Weg. – So könnten wir weiter vergleichen. Aber wie so oft könnten auch hier Unterschiede der Wege zurück treten, wenn Eltern, Kinder und Lehrkräfte das Neue mit Engagement und Überzeugung leben können. Also herzlichen Dank für den Hinweis. Wir werden sicher den Weg dieser Schule verfolgen.

      Warum ist bei uns von den Hochbegabten die Rede? Das wird so leicht missverstanden! Nicht die Hochbegabung interessiert uns, sondern die riskante Lernbiografie, die etwa 20 % der Hochbegabten haben. Wir setzen uns für die Inklusion von Kindern, die von seelischer Behinderung bedroht sind, ein. Alle Inklusionsromantik nützt ihnen nichts, in Gymnnasien werden sie nicht ausgehalten, sondern landen häufig in Förderschulen. Wir setzen uns also für Kinder ein, für die Hochbegabung eine klinische Bedingung für eine problematische Persönlichkeitsentwicklung ist. Klingt paradox, wenn man so von außen kommt. Auf unserer Homepage http://www.hochbegabtenhilfe.de gibt es unter grundlegende Aufsätze einige Beiträge, die das näher aufklären. Auch die Karl-Popper-Schule wird dort näher beschrieben. Oder über diesen Link: http://karl-popper-schule.de/

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