„Individuelle Förderung“ – nicht nur für Hochbegabte

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Jedes einzelne Kind hat “besondere Bedürfnisse”

Ein Anliegen unseres Schulsystems ist individuelle Förderung. Unterricht für Hochbegabte braucht individuelle Förderung ebenso wie die Arbeit mit Kindern, die verhaltensschwierig sind, Handicaps oder auch nur unzureichende Deutschkenntnisse haben.In solchen Fällen geht es um die Förderung einzelner Kinder mit besonderen Bedürfnissen.

Ein ganz anderer Anspruch ist ein Unterricht, der grundsätzlich auf Individuelle Förderung eingerichtet ist, also alle Schülerinnen und Schüler als individuell und damit besonders einschätzt. Die Reformen, die die großen Bildungsevaluationen (PISA) der letzten Jahre begleiten, fordern in letzter Konsequenz diesen Schritt. Ein verbindlich an “Bildungsstandards” ausgerichteter Regelunterricht soll ja die Vielfalt der Lernvoraussetzungen bei gleichem Unterricht in einem definierten Maß an gleiche Standards anpassen.

Das klingt etwas verwirrend, zu Recht, denn es ist unlogisch. Wenn unterschiedliche Lernvoraussetzungen auf gleichen Unterricht stoßen, dann werden sie zu unterschiedlichen Resultaten führen, die um vorgegebene Standards “streuen”. Wenn solche Standards als Mindeststandards festgelegt sind, dann sichert der “gleiche Unterricht” nicht das Erreichen der Norm.

Hören wir einem der Autoren der Bildungsstandards, Ekkehard Klieme, auf youtube (https://www.youtube.com/watch?v=65pAfaDahgU) zu, dann treffen wir auf Äußerungen zu individueller Förderung, die das Ziel beschreiben und wertschätzen, didaktische Wege aber der Zukunft überlassen (müssen) oder sie im Ausland entdecken (zum Kontext seines Beitrags vgl. http://www.hochbegabtenhilfe.de/weitere-texte/was-koennte-schule-sein-wenn-es-keine-klassen-mehr-gaebe/ Punkt 3). Schulen, die angesichts der verbindlichen Vorgaben für sich Wege suchen, greifen auf der Suche nach stärkerer Individualisierung fast immer auf  traditionelle reformpädagogische Erfahrungen zurück, anstatt den Versuch zu wagen,die Strukturen entschieden aufzubrechen.

Warum ist das gerade jetzt ein Problem?

“Vielfalt” wird durch die Integration von Neuankömmlingen aus verschiedenen Kulturen in deutschen Schulen zu einer riesigen Herausforderung werden. Dabei geht es nicht in erster Linie darum, die Ansprüche von Flüchtlingsfamilien auf Förderung auch ihrer Kinder anzuerkennen oder zurückzuweisen, sondern es geht um die blanke Tatsache, dass sie hier sind und das Gelingen ihrer Integration ein wirtschaftlicher Faktor von allergrößter Bedeutung sein wird. Begabte Kinder aus bildungsnahen Familien werden aufgrund ihrer sprachlichen Ausgangssituation scheitern, wenn der einzige Weg zur Unterstützung ein Sprachkurs bleibt. Auch durch Hinzufügen irgendwelcher Hilfen zum Regelunterricht wird dieses Problem nicht zu lösen sein. Der Regelunterricht muss verändert werden – und das nicht nur im Interesse der neu Hinzukommenden.

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2 Kommentare… Share your views

  1. Mein Kind besucht in Hamburg eine 3 Klasse in denen Mathe und Deutsche statt gelehrt zu werden und Schulbücher zu verwenden, es erwartet ist, dass sie durch Arbeitsheft sich selbst lehrt. Als hochbegabte ‘Förderung’ bekommt sie eine andere Arbeitsheft um selbst zu lehren. Die Klasse hat 2 Klasse Mathe letztes Jahr nicht bestanden. Diese Klasse ist für meine Tochter wie die falscher Filme. Inklusion ist für sie eine Katastrophe.
    Kind ist extreme frustriert wegen fehlende Unterricht, aber die Schulaufsicht betrachtet Arbeitsblätter als Unterricht, und ist egal, wenn eine ganze Klasse 2 Klasse Mathe nicht bestanden hat. Wir sind ins Krankenhaus gegangen, Kind war getestet, Test sagt dass Kind Unterfordert ist und braucht Struktur Schulmorgens.
    Kennt jemand eine Grundschule in Hamburg, die in MINT schulmorgens stark ist, und noch schulmorgens ordentlich lehrt? Kind ist keine Genie, braucht unbedingt gelehrt zu werden. Schulbücher braucht sie auch.

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